Für die letzten Wochen vor dem Mara habe ich meine Abends-heimlauf-Runde geändert. Statt 16 km überwiegend flach laufe ich jetzt 12 km mit Höhenprofil. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Route stärker belaufen ist als die andere, es gibt also immer neue Herausforderungen. Ich bin zwar nicht der Testosteron-Junkie, der ständig im Zweikampfmodus durch die Gegend hechelt, aber ich nutze die SportkameradInnen schon gern für zusätzliche Trainingsreize. Auf der langen, leicht ansteigenden Gerade vom Monrepos zum Favorite hatte ich heute ein Pärchen in signalgelben Jacken vor mir. Ich dachte zuerst, sie seien leichte Beute, musste mich aber ganz schön reinhängen. Die Frau war bereits zurückgefallen und ich zog freundlich plaudernd an ihr vorbei. Den Mann, der ungalanterweise vorangerannt war, bekam ich vor der Schranke nicht mehr ein, erst danach, immerhin vor dem Scheitelpunkt der Strecke. Für Plaudereien hatte ich da schon keine Luft mehr, ich konnte gerade noch ein „hi“ krächzen – immerhin stimmte die Form. Mein nächstes Opfer erspähte ich an der Ampel vor dem Schloss: einen jungen Athleten, der eifrig rumsprang und dehnte. Mir kam sofort der facebook-Spruch in den Sinn: „Jogger hüpfen an roten Ampeln albern rum. Läufer stehen einfach da und kucken säuerlich.“ Ich unterstrich meinen Status als Hardcore-MAMIL durch gequältes Husten bei ansonsten tadellos regloser Haltung. Der Jungspund hopste tatsächlich bei Rot über die Ampel, aber so mitleiderregend langsam, dass ich froh um seinen Vorsprung war. „Ich lauf, wenn’s grün wird“, murmelte ich in meinen lange abrasierten Bart. Wenige Sekunden später flog ich an ihm vorbei die Steigung an der B27 hoch. An dieser Stelle hat unsere schwäbische Stadtverwaltung durch Verwendung weißer Farbe einen schmalen Streifen für Radfahrer und einen für Fußgänger geschaffen. Normalerweise kommt man da ganz gut durch, wenn jeder ein bisschen schaut. Ein verliebtes Fußgänger-Pärchen war offenbar unachtsam und flanierte in aller Unschuld auf dem den Radfahrern vorbehaltenen Teil des Weges. Das Unheil nahte in Gestalt eines verbissenen Kampfradlers, der einen leibhaftigen Tobsuchtsanfall bekam. Er brüllte die armen Leute dermaßen zusammen, dass ich schon umkehrte, um im Extremfall irgendwie einzugreifen. Zum Glück fuhr er fluchend weiter und ich schämte mich leise für alle braven Radfahrer. Um Papst Franziskus zu zitieren: „Fahrrad schützt vor Arschloch nicht, bewahrt Euch die Demut und die Rücksicht vor Eueren Mitgeschöpfen!“ Ok, das hat er so noch nicht gesagt, aber es kann ja noch kommen – vielleicht überfährt ja mal ein Radler seine Mutter. Den Rest des Weges schaffte ich ohne Zwischenfälle. Nach Dusche und Erholung legte ich mich dann auf meine Blackroll. Die hat mir diese Woche schon einmal manche Verspannung aus der Wade geknetet. Das Schönste an dieser Form der Selbstmassage ist der Schmerz, den Mann mit entsprechendem Gebrüll dramatisch der ganzen Familie vorführen kann, damit die auch ja nicht vergisst, welch heldenhafter Ernährer ihr vorsteht. Und der MAMIL merkt, dass er noch am Leben ist.
Modou
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