Natürlich war ich nicht in irgendeinem, sondern im Kraich-gau. Als Läufer in der Staffel habe ich halt nur das letzte Drittel mitbekommen und kann darüber was erzählen, den vorhergehenden Teil habe ich bei Kaffee und Kuchen rumgebracht. Nach einigem hin und her stand unsere Vereinsstaffel fest: Peter sollte schwimmen, Reiner radeln und ich musste deren Vorsprung ins Ziel retten. Am Samstag sind wir hingefahren und haben uns das Ganze aus der Nähe angesehen, Wechselzonen und Laufwege studiert und unsere Startnummern abgeholt. Am Samstag wären ideale Bedingungen für den Wettkampf gewesen: Sonnenschein und Temperaturen in den mittleren 20ern. Für Sonntag war heftiger Regen angekündigt… Wir sind dann noch über die Expo gegangen und haben uns die Fahrräder angeschaut, die wir gern kaufen, das aber nie zugeben würden. Die WK-Besprechung sollte bei der Pastaparty stattfinden. In der Halle der große Schock: das Essen auf der Carbo-Lade war kostenpflichtig! Wir hielen das für eine Frechheit und fuhren heim.
Sonntag früh kurz nach 6 kam Reiner und holte mich ab. So früh am Morgen sah das Wetter noch recht freundlich aus, aber bald zogen schwarze Wolken auf. Gerade, als wir auf die Parkwiese am See einbogen, begann es zu schütten. Wir fuhren bis ganz nach vorn und warteten erst mal ab. Über Telefon erfuhren wir, dass Karin Angela und Peter auch schon da waren. Nach ein paar Minuten schien uns, das Unwetter ließe ein wenig nach. Ich zog meine Regenjacke an, holte den Schirm aus dem Kofferraum und gab Reiner Deckung beim Radmontieren. Im immer noch strömenden Regen gingen wir zum check-in, wo wir Christoph trafen, der einzeln startete. Sorge machte uns das Gewitter. Mit Regen kann man sich arrangieren, aber bei Blitzschlaggefahr würde der Veranstalter vielleicht doch das Schwimmen absagen. Und das, nachdem der See – wider Erwarten – in der letzten Woche noch auf die regelkonforme Temperatur gekommen war. (Einige Triathlons in den Wochen vorher wurden wegen der Kälte als Duathlon ausgetragen). Jetzt standen wir also im Regen und warteten auf eine Entwicklung oder eine Entscheidung. Ich für meinen Teil entschied, zur Wechselzone 2 hinüber zu fahren, so lange ich noch ohne Hilfe eines Traktors von dieser Wiese runterkam. Auf dem Fahrweg waren schon tiefe Spuren in den Schlamm gefurcht. Ich nahm Anlauf und driftete im zweiten Gang die lange Gerade entlang. Mit Glück kam ich bei Gegenverkehr um die Kurve und erreichte festen Boden. Die Radstrecke war noch frei und ich fuhr Richtung Schönborn. Nach wenigen Kilometern, mitten im Wald, sah ich ein Mädel auf einem Rennrad, mit Wechselbeuteln behangen, die ebenfalls nach Schönborn unterwegs war. Wie viele andere auch hatte sie noch vor dem Start beschlossen, bei diesen Bedingungen nicht mit zu spielen. Ich lud sie samt Rad ins Auto (war ja nicht meines) und fuhr sie in ihr Hotel.
Dann stand ich ziemlich allein in Bad Schönborn. Weil das nach 7 Sekunden langweilig wurde, ging ich allein in Bad Schönborn spazieren, einen Kaffee suchen. Die Expo hatte noch zu, also streifte ich durch das Viertel, während das Wasser von meiner Regenjacke auf meine neue Jeans floss, die davon bald gefühlte 20 kg wog. An der Stelle, wo vor drei Jahren ein Kaffee war, fand ich jetzt einen Seniorentreff, der hatte aber noch zu. Dann der Glücksmoment: ein Pärchen mit Semmeltüten kreuzte meinen Weg und wies mir bereitwillig jenen zur Bäckerei. Mit einer Lokalzeitung, einer Tasse Kaffee und einem schönen Stück Kuchen brachte ich das Stimmungsbarometer wieder auf Sollstand, während ich gleichzeitig unauffällig ein paar Liter Wasser von meiner Kleidung auf den Boden transferierte. Bald bekam ich Gesellschaft von einem kauzigen, aber netten älteren Herrn, dem ich die Nummer mit den Staßensperren erklärte. Als ich bei „90 km Rad fahren“ ankam, war er entsetzt. „Da macht man aber Mittag schon eine Pause und kriegt was zu Essen?“, frug er. Ich ließ ihn dann in Frieden mit der freundlichen Bäckereifachverkäuferin schäkern und ging raus zur Radstrecke. Laut Challenge-app waren die Teilnehmer mit einer Stunde Verspätung gestartet, und mit geringeren Abständen als ursprünglich geplant. Als ich zur Landstraße kam, war die Spitze gerade vorüber. Ich applaudierte fleißig den Radlern, die den letzten Regentropfen mit unterschiedlichster Bekleidung trotzten, vom Harten-im-Garten-Einteiler bis zu Wind- und Regenjacken. Nach 20 Minuten kam Reiner vorbeigerauscht, überrascht und erfreut ob meiner Anfeuerung. In der Hektik habe ich natürlich nicht geschafft, ihn zu fotografieren, aber anfeuern war eh wichtiger. Christoph musste auch längst vorbei sein, ihn hatte ich aber nicht gesehen, bzw. erkannt. Ich schlenderte zurück zur Wechselzone und genoss das dritte Frühstück des Tages.
Die Verdunstungskälte aus meiner Hose brachte mich auf die Idee mit dem wärmenden Massageöl. Ich spazierte vom Kaffeezelt zum Shopping-Areal und sah mich um. Neben aromatisiertem body-glide gönnte ich mir noch ein Rad-Trikot und einen Laufgürtel. Darüber war es im Gelände langsam turbulent geworden. Der Sprecher berichtete von der Radstrecke und kündigte die baldige Ankunft der Profis an. Ich verstaute derweil meine neuen Schätze im Auto und machte mich lauffein. Um 10 hatte der Regen aufgehört und ich hatte auf facebook gejuxt, dass bald die Sonne rauskäme. Jetzt war sie da und es wurde zusehends wärmer. Vorsichtshalber schmierte ich trotzdem die Beine kräftig mit dem Wärmegel ein. Das wirkte tatsächlich, nicht nur auf der Haut, sondern dank kräftigem Eukalyptusaroma auch in der Nase. Ich hatte eine ungefähre Idee, wann Reiner einradeln sollte und lief mich zeitig vorher warm. Noch ein Boxenstop, dann stand ich in der Staffel-Wechselzone und wartete. Dort erlebte ich den Zieleinlauf von Boris Stein, dem schnellsten Mann. Reiner kam ziemlich pünktlich, ich schnappte mir den Chip und wieselte los. Nach 400 Metern startete ich auch die Armbanduhr…
Zunächst ging es bergab in die Ortsmitte von Bad Schönborn. (Zumindest glaube ich, dass das die Ortsmitte ist, ich kenne von dem Ort nur die Laufstrecke und die Wechselzone.) Im Stadtpark überholte mich zunächst ein Radfahrer und wenige Sekunden später Yvonne van Vlerken. Die war 50 Minuten vor unserer Staffel gestartet und jetzt in der letzten von drei Laufrunden, während ich noch in der ersten war. (Angebermodus an) Ich habe Yvonne ja mal informell kennengelernt, beim Rheintalduathlon 2012 und schätze ihre lockere, humorvolle Art. (Angebermodus Ende) Jetzt war sie zu 100% fokussiert und konzentriert, lief wie eine Maschine und scheuchte vorwitzige Agegrouper mit knappen Zurufen aus dem Weg, während sie ständig rechnete, wie viel Vorsprung sie noch vor der laufstarken Julia Gajer hatte. Ich dachte, die Gute könnte eine Aufheiterung gebrauchen und rief dem Läufer neben mir lautstark zu: „Die ist so klein, die macht gar keinen Windschatten!“ Während Yvonne davonzog, konterte der Läufer zu meiner Verblüffung: „Dafür machst du umso mehr!“ Normalerweise verpuffen meine small-talk-Ansätze beim Laufen in der allgemeinen Verbissenheit oder Atemnot meiner Begleiter, aber dieser Junge war schlagfertig und witzig, chapeau!
Der Rest ist schnell erzählt. Läufer in der Staffel zu spielen ist gut fürs Ego. Die Staffeln starten in der letzten Gruppe, ich hatte also eine Menge Leute vor mir, die bereits abgekämpft waren und überholte mehr, als dass ich selber überholt wurde. Teilweise entschuldigte ich mich mit dem Hinweis, dass ich bis dato nix getan hätte. Überholt wurde ich noch von Julia Gajer, die Yvonne nicht mehr einholen sollte, und überraschenderweise von Andi Raelert, den eine Reifenpanne extrem zurückgeworfen hatte, der das Rennen aber trotzdem würdig beendete. Bei mir forderten die Hitze und die Höhenmeter allmählich ihren Tribut, ich wurde in jeder Runde langsamer, fühlte mich aber nicht schlecht dabei. Nach 1:38, 10 Minuten mehr als geträumt, lief ich Hand in Hand mit Reiner ins Ziel – Peter fühlte sich nicht schick genug.
Das Ziel im Kraichgau ist legendär. Ich kenne kein schöneres after-race Areal. Helden jeden Alters und Geschlechts hängen ab auf Bänken, auf der Wiese, im Zelt oder im Pool und werden von den vielen Helfern verwöhnt. Normalerweise flöte ich meinen Dank an die guten Geister ungefähr bei T2, aber in der Staffel ist ja alles anders. Als Schlussläufer erlag ich im Zielbereich der Hilfsbereitschaft der freiwilligen Helfer. Zuckersüß die kleinen Kinder, deren Helfershirts mit Gummibändern an der Schulter fixiert wurden, damit die Insassen nicht herausfielen. MEINEN HERZLICHEN DANK EUCH ALLEN, WEM AUCH IMMER IHR GEHOLFEN HABT!
Wir plauderten noch mit Sylvia und Frank aus Köln, die für irgendwas mit Medizin unterwegs waren, Uni, glaube ich, schicke Klamotten jedenfalls, auch die Frisur war nett. Dann entdeckte ich noch Christoph, der mir sein Leid über unsere Vereinskollegin Angela klagte, die als Karin unterwegs war. Angela beteuerte später, sie hätte ihm nur erklärt, wie lang 10 Meter seien.
Inzwischen wussten wir, dass wir die 16. Staffel waren und schwellten voll Stolz die Brust. Bald hatten wir unsere sieben Zwetschgen eingesammelt und fuhren heim. Ich glaube, so was machen wir mal wieder.
Modou
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