Jacke wie Hose…

… sahen nach dem Dirty Race recht ähnlich aus, durch die rechte Brille betrachet. Beim Dirty Race gibts eh recht viel, was ähnlich aussieht. Das war zumindest die Ausrede meiner Vereinskollegin, als ich sie fragte, ob sie mich fotografiert hätte. Sie hatte weder ihren Freund noch mich erwischt, weil wir alle in schwarz durch die Gegend düsten. Und das mit der Startnummer ist eine Geschichte für sich. Aber jetzt mal der Reihe nach:

Das Dirty Race, am 29. Januar zum zehnten mal ausgetragen, ist ein Crossduathlon und besteht aus 5km Laufen, 15km MTB und noch mal 4km Laufen. Das Ganze in Murr an der Murr, bei mir um die Ecke. Ich war vorher schon fünf mal dort gestartet (und angekommen) und hatte schon verschiedenste Bedingungen erlebt: Schnee, Matsch, kalt und trocken, was das Herz begehrt. Dieses Jahr wollte Marsupilami auch mitmachen und mit mir als Zweierteam starten. Als Teamname ist uns nix besseres eingefallen und so haben wir uns auch angemeldet. In der Woche vor dem Rennen habe ich auf der facebook-Seite des Dirty Race fleißig damit geworben, dass es am Samstag nix besseres geben würde. Ich bin nämlich seit ein paar Tagen bei fb vertreten 🙂

Und noch was hab ich diese Woche neu angefangen: Laufen! Seit dem Frankfurt Marathon am 31. Oktober hatte ich das genau ein Mal versucht und gleich wieder bleiben gelassen. Am Dienstag habe ich es also wieder probiert. 5km in der Mittagspause, danach wieder zwei Tage Beschwerden in der Ferse und, ganz ungewohnt, ein netter Muskelkater. Aber immerhin fühlte ich mich auf dem MTB einigermaßen fit.

Samstag früh dann der erste Tiefschlag: Marsupilami ruft an und meldet sich krank. Ich kann es verstehen, das Risiko wäre erheblich, bei Temperaturen knapp unter Null einen angeschlagenen Kreislauf ans Limit zu treiben und dabei den Eiertanz der richtigen Kleidung beim Wechsel Laufen-Rad-Laufen zu vergeigen. Schade nur um die schönen T-Shirts, die ich gebastelt hatte, aber vielleicht kommen die ja woanders zu Ehren.

Der nächste Schreck erwischte mich in der Garage. Als ich den Radhalter rausholte und im Vorbeigehen am MTB-Pedal drehte, hörte ich ein fieses Krachen. Das mittlere Röllchen im Schaltwerk war festgefatzt. Mit zwei Kabelbindern habe ich den Käfig hochgebunden und die Kette abgehoben. Dann bin ich dem Röllchen mit einer Dose innotech, Lappen und Schraubenzieher zu Leibe gerückt. Nach fünf Minuten war es zumindest wieder beweglich… Den Träger habe ich auf die Anhängerkupplung geflanscht und das Rad draufmontiert. Vorher noch die Tasche gepackt, Schuhe, Chip, Nummernband, alles da, dazu noch warmer Apfelsaft in der Thermoskanne und eine Pre-Race-Banana.

Am Sportplatz in Murr war schon high-life. Startnummer holen, Rad aufpumpen und Basislager in der Umkleide aufschlagen lief reibungslos. Dann der nächste Schock: kein Mützchen dabei! Ohne Haube bei null Grad Rad fahren ist kein Spaß, die Ohren kannst vergessen! Ich setzte gerade zum Spurt Richtung Auto an, um zu Hause vorbei zu schauen, als mir Angela und Peter über den Weg liefen. Zum Glück hatten die ein Reserve-Mützchen mit, das sie mir netterweise überliesen. Von hier aus noch Mal Handkuss! Ich konnte mir also in aller Ruhe meine PRB reinziehen und mich an der Vorstart-Atmosphäre erfreuen. Die ist beim DR besonders besonders. So früh im Jahr, bei so unsicheren Wetterbedingungen, kommt ein verschworener Haufen zusammen. Witzigerweise zieht das Rennen jedes Jahr auch namhafte Dua- und Triahtleten aus ganz Deutschland an.  2010 war Normann Stadler zum ersten Mal hier gestartet, dieses Jahr kam er wieder, dazu noch Lothar Leder. Michael Göhner hatte auch gemeldet, kam aber nicht.

Mit aller Ruhe ging ich noch mal in die Umkleide, drehte die Ehrenrunde aufm Klo und zog noch ein Unterhemd aus. Die Temperatur ging langsam in Richtung null, die Sonne schien und es rührte sich kein Lüftchen, alles deutete auf ein traumhaftes Rennen hin. Noch vorsichtig ein Ründchen laufen, dann in Panik zurück in die Umkleide, die vergessene Startnummer antackern, dann war auch schon Zeit für den Start. Eingedenk meiner zweifelhaften Laufform stellte ich mich in der hinteren Hälfte auf. Beim Startschuss ging es zunächst zögerlich los, doch ich hatte eine passende Position und fand mich in einem passenden Grüppchen. Schon erstaunlich, wie sehr man das Laufen verlernen kann! Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich wohl fühlte und meinen Tritt fand. Zu meiner Erleichterung gab die Ferse Ruhe – ich bin halt eine Kampfsau und im Rennen übersteuert der Kopf die allfälligen Wehwehchen…

Die Laufrunde ging ereignislos zu Ende, ich zog eine Jacke und Handschuhe über, den Helm auf und schnappte das Fahrrad. Der erste Kilometer auf Asphalt flog vorbei, dann ging es auf den ersten Feldweg. Der war noch überwiegend fest und gut fahrbar. Schon überholte ich einige Kollegen. Dann der große Anstieg, wieder auf Asphalt. Ich nutzte die ganze Bandbreite an Übersetzung aus und kam einigermaßen entspannt oben an, so dass ich auf den folgenden Feld- und Schotterwegen wieder ordentlich reindrücken konnte. Die Wiesenwege auf der Höhe machten dann dem Namen des Rennens alle Ehre. Die oberste Schicht war inzwischen angetaut und ermöglichte manch nette Schlitterpartie. Hier zahlte sich mein Wintertraining aus. Da Laufen monatelang nicht in Frage kam, hatte ich das MTB über alle Matschwege der Gegend gejagt und ließ mich von einem tanzenden Vorderrad nicht beeindrucken. Irgendwann greift es schon wieder. Meistens jedenfalls. Hauptsache, auf der Kette ist genug Druck! Nach den Matschwegen kam die lange Abfahrt auf Asphalt. Ideal, um den Schlonz aus den Stollen zu rotieren und auf dem Fahrer abzulagern. Dann noch mal kurz kreuz und quer auf Schotter und als grand finale die Wiesenabfahrt. Noch zweihundert Meter und ab in die zweite Runde. Langsam wurde es anstrengend und die Waden fingen an, zu zwicken. Eingangs des Anstiegs erste technische Probleme: der Umwerfer war blockiert und das kleine Blatt ließ sich nur durch beherztes Treten mit dem Fuß auflegen. Auf der Matschwiese dann auch körperliche Macken: als das Vorderrad doch nicht mehr griff, musste ich das Rad mit dem Fuß abfangen. Die unerwartete abrupte Bewegung sorgte für spontane Wadenkrämpfe. Auf der folgenden Schotterpassage war ich mehr mit Wadenstrecken als mit Tempomachen beschäftigt. Die Abfahrt brachte Zeit für Erholung. Kaum waren die Beine wieder in Ordnung, gab es wieder Ärger mit der Schaltung. Die Zwischenräume der kleinen Ritzel waren so mit gefrorenem Dreck zugesetzt, dass die Kette krachend über die Zähne sprang. Auf dem großen Blatt und den mittleren Ritzeln brachte ich die Runde glücklich zu Ende. In der Wechselzone lief fast alles glatt, zwar hakte der Reißverschluss der Jacke, aber ich brachte sie über den Kopf herunter. Auf der zweiten Laufrunde war ich damit beschäftigt, hart an der Grenze zum Wadenkrampf zu laufen. Schon recht früh stellte ich Häuptling Silberlocke, der mich im Jahr zuvor in der zweiten Bikerunde versägt hatte. Ich arbeitete mich langsam an ihn heran und fand mich in einem bekannten Dilemma: entweder niederblockern und einen Konter riskieren, oder in seinem Kielwasser verhungern. Ich ging auf Risiko und vorbei. Die nächsten Minuten war ich voll damit beschäftigt, den Vorsprung so auszubauen, dass dem Konkurrenten der Mut für den Konter verging. (Dass er seit heuer 55 ist und für mich außer Konkurrenz, erfuhr ich erst hinterher.) Gleich kam das nächste Opfer in Sicht. Dem Schnauzer nach zu urteilen, auch ein potentieller AK-Genosse, der jedoch keinen nennenswerten Widerstand leistete. Bergab hatte ich noch Bedenken wegen der Waden, der Rest war dann lockeres Heimlaufen. Nach einer Stunde 24 Minuten war ich im Ziel. Der Kreislauf war noch gut auf der Höhe, aber die Muskeln jammerten schon. Oberschenkel und Waden sind immer noch verkatert. In den nächsten Wochen muss ich langsam wieder anfangen, systematisch zu laufen. Zum Glück stehen dieses Jahr nur Mitteldistanzen an, das ist überschaubar.

Die Dusche war ein Genuss. Und das beste kam zum Schluss: als ich rauskam, ging der Stadler gerade erst hinein! In T3 hatte ich ihn gründlich versägt 🙂 Ich musste aber auch zwischendurch kein Interview geben…

In der Schlange vor dem Dampfstrahler traf ich ihn wieder und lies mir die Startnummer signieren – diesmal die Radnummer, ein Autogramm auf der Laufnummer hab ich schon vom letzten Jahr. Überhaupt der Dampfstrahler! Schon allein wegen der Radreinigung lohnt sich der Start an der Murr 🙂

Die Marbacher Zeitung hat das Ganze verewigt. Und à propos der Überschrift: hier seht ihr Jacke, Hose und Brille:

Über Günter

Manager und Triathlet
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5 Antworten zu Jacke wie Hose…

  1. biologist schreibt:

    Vielleicht hätte ich letzte Woche von mir ein Bild machen sollen, als ich aus dem Wald kam. Da ist der Dreck auf deiner Montur echt Kindergeburtstag dagegen 🙂
    Aber schöner Bericht!

  2. Timo schreibt:

    schöner bericht !
    nochmals sorry wegen meiner absage, vor allem auch, weil du extra shirts gebastelt hast … aber die kommen schon noch zum einsatz, versprochen 🙂

  3. sven schreibt:

    Hallo Modo!

    Super Post. Hertzlichen Glückwunsch zum Rennen. Das mit dem Vorderrad greift schon wieder solange Zug auf dem Hinterrad ist mach ich auch immer so ! 🙂

    LG

    Sven

  4. Pingback: Post easter maditations | Modou Fall

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